Kapowaffe-Foto: Ilona Klimek / 2010
Willkommen im Newsletter-Archiv!
Hier findet ihr die älteren krazynews ab 2022, chronologisch von unten nach oben. Viel Vergnügen beim nachlesen!
betr. Schauergeschichten (krazynews 11/24)
Verehrtes Publikum, liebe Gemeinde, hi folks!
Vor der Winter-Klausur tanke ich im November noch mal Bühnenlicht: bei den letzten Konzerte des Jahres im Danny Dziuk-Trio und Solo-Abenden auswärts (aufgemerkt, Leer und Hannover: es gibt noch Karten!) - zurück in Köln darf ich noch eine spannende Buchvorstellung begleiten... Die Details verrät der Reklameblock --->hier.
Zu Auftakt und Feier der dunklen Jahreszeit fand heuer im Elfenbeinturm eine kleine, feine Halloween-Party statt. Es gab gefüllten Kürbis, roten Punsch, grüne Kekse, stimmungsvolle Beleuchtung und stimmiges Programm: Der Reklameblock legte im Sensenmann-Mantel ein Set mit toten Sänger:innen auf, der Newsletter kam als Gespenst und erzählte bei Kerzenlicht Schauergeschichten. Die beste ging etwa so:
Da ist ein erfolgreicher Autor, der schon länger den Verdacht hat, dass seine Bücher zwar verkauft, aber nicht gelesen werden. Er sieht sie manchmal bei Videokonferenzen im Hintergrund in Regalen stehen: Was, wenn sie nur als Deko angeschafft würden, um den Eindruck von Belesenheit zu schinden? Wenn die vielen Rezensionen ein Werk von KI wären, und das Publikum nur wegen seiner inszenierten Prominenz da? Als er auch noch alle Literaturpreise bekommt, ist er sicher, dass etwas mit der Wirklichkeit nicht stimmt. Also gibt er sich ein Pseudonym und baut sich eine zweite Existenz als erfolgloser Autor auf, der einen Internet-Blog betreibt, und ist damit so beschäftigt, dass er kein weiteres Buch schreibt.
Eines Tages bekommt er dann Belegexemplare eines neuen Romans und Termine für die Promo-Tour. Er müsste das Buch lesen, wenigstens den Klappentext, aber er kann sich nicht überwinden, und in Alpträumen blättert er leere Seiten durch. Die Buchmesse kommt, die ersten Presstermine verlaufen reibungslos: Alle kennen den Roman, zitieren daraus, äußern sich ausführlich dazu, und unser Autor muss nur bestätigen, auf Interpretationen einsteigen, einfache Nachfragen allgemein beantworten.
Das Buch wird ein Bestseller, und der Autor hat einen Nervenzusammenbruch. In der Psychiatrie kommt er endlich dazu, seinen angeblichen Roman zu lesen. Er ist nicht mehr sicher, ob er ihn geschrieben hat, aber könnte sich jetzt mit der Rolle abfinden. Als er seine Agentur kontaktiert, kennt man ihn nicht mehr. Mit zittriger Hand googelt der Autor sich selbst, und findet nur einen Internet-Blog mit einer Handvoll Zugriffen…
Der Newsletter ist im Grusel-Genre erkennbar nicht zuhause: Schon die einschlägigen Adjektive liegen ihm nicht, sein Bedarf an cringe ist mit ein paar eigenen Rechtschreibfehlern völlig gedeckt, und unter Horror versteht er eher Meldungen aus der Realität. Es war also durchaus zu befürchten, dass er, um Gänsehaut zu spreaden, nicht-Party-taugliche Fakten zur Weltlage droppt und dystopische Details aus dem Kapitalismus spittet. Dass er stattdessen als Märchenonkel mit einer Schriftsteller-goes-Dead-Internet-Theorie-Psychose-Plotline rüberkam, hat den Reklameblock und mich überrascht wie gegruselt wie erleichtert und amüsiert: Uns hats gefallen.
Laterne, Laterne / Krazy
***
betr. Devisen gegen Kastanien (krazynews 10/24)
Verehrtes Publikum, liebe Gemeinde, hi folks!
Der Oktober weht frischen Herbstwind herein, der nach fallenden Blättern und Regen duftet, mit einer zarten Hanfnote im Abgang ... Zeit für Heißgetränke und Einstimmung auf die Indoor-Saison.
Auf der Bühne beginnt die für mich feierlich mit dem Vaganten-Varieté des Darstellenden-Kollektivs Raketenklub - und mit Radek in der (exzellent sortierten, wird gesagt) Whiskybar Notenschlüssel – Termine, Details und eine weitere Spezial-Empfehlung: siehe Reklameblock.
Bevor es im November weiter auf Konzert-Reisen geht, sollte auch der Elfenbeinturm möglichst winterfest aufgeräumt werden - und noch liegt so einiges rum und an, was über den ereignisreichen Sommer nur eingekippt wurde und zur späteren Bearbeitung gestapelt: Beweisstücke, Datenträger, Korrespondenz, Buchhaltung, Papierkram, you name it.
Newsletter und Reklameblock sind dabei keine Hilfe: Die Bagage treibt sich lieber im Park rum und bringt immer noch mehr Kastanien mit - was die offizielle Devise und auch meine Disziplin unterläuft, aber was gelten schon Devisen gegen Kastanien?
Der Newsletter schwärmt für den Herbst in seiner ganzen Epik, Verschwendung und Melancholie. Das Licht, das Farbenspektakel des Laubes, die großzügig angebotenen Früchte der Hecken und Sträucher, die Schatzsuche unter den Bäumen, das dramatische Spiel der Winde, die allmählich einsickernde Trübe und Düsternis, der Rückzug nach drinnen, die Geräuschkulissen des Regens draußen und die jähe Wertschätzung des Drinnenseins…: All dies, begründet der Newsletter seine Abstinenz vom Schreibtisch, seien Ereignisse, die man nicht verpassen dürfe – anders als die Debatten zu diesem oder jenem Thema - denn sonst sei es irgendwann plötzlich Winter, und der werde noch lang, finster und eintönig genug, um sich dem Stand der Diskurse und ihrer Kommentierung zu widmen.
Den Reklameblock hatte er mit der Torschlusspanik-Strategie gleich überzeugt, seine Archiv-Arbeit auf die Regentage zu verschieben - und ich werde mich hüten, den Newsletter mit einer Gegenrede zu torpedieren. Debatten mit dem Newsletter können Tage dauern, und bringen mich auf der Büro-Baustelle auch nicht weiter. In der Zeit kann ich dann auch noch mal in den Park.
Kastanien für alle / Krazy
betr. perfekte Momente (krazynews 09/24)
Verehrtes Publikum, liebe Gemeinde, hi folks!
Die Open Air Saison ist – siehe Reklameblock – im September noch nicht ganz vorbei, und auch ich bin gedanklich noch nicht ganz wieder da - aber schon mal zurück im Elfenbeinturm, wo ich das aus dem Festivalsommer mitgebrachte Material sortiere: Zuwendungen, Begegnungen, Kontakte, Geschichten. Einblicke, Eindrücke, Einfälle. Viel mehr, als der Newsletter aufnehmen könnte… Und viel mehr Fotos von Bühnen, Veranstaltungsorten und den Strecken dazwischen, als der Reklameblock herumzeigen möchte …
Die besten Stunden sind meinerseits nicht dokumentiert - und in ihrer vollständigen Qualität ohnehin nicht festzuhalten, wie der Newsletter gleich bemerkt: Von Beteiligten als Erinnerung gespeichert (in verschiedenen Formaten, die dann nicht mehr unbedingt kompatibel seien), fänden sie in meinem Fall noch Niederschlag als zeilenweise Referenzen in Songs oder weitere gute Erfahrung, auf die ich künftig den Fuß setzen kann – aber konservieren ließen sie sich nicht... Perfekte Momente verglühen als Gegenwart.
Der Newsletter nennt das „inhärent“ (was ich sicherheitshalber noch mal nachgeschlagen habe – und ja, so kann man es sagen): Ein gelungenes Konzert zum Beispiel werde etwa zur Hälfte von der tätigen Aufmerksamkeit des Publikums ausgerichtet. Je konzentrierter alle bei der gemeinsamen Sache seien, desto weniger werde sich jemand (wenn nicht explizit beauftragt) um deren Dokumentation kümmern …
Unsere angeregte Fachsimpelei wird unterbrochen vom Reklameblock, der bei sowas immer los muss. Wenn in perfekten Momenten keine brauchbaren Bilder entstehen, meint er, sollten wir genau jetzt mal die Mittagssonne im Treppenhaus nutzen. Für ihn ist praktisch alles eine Frage der Beleuchtung. Und für diesen Moment, meint er, in dem es um nichts geht als ein Newsletter-Cover, würde völlig reichen, passabel auszusehen.
Der Newsletter schimpft ihn einen Banausen und Zyniker, aber da muss ich meinen Reklameblock in Schutz nehmen: Die Rede von „perfekten Momenten“ erinnert ihn an das Gequatsche seiner Innung, falsche Versprechen und poetische Ambitionen, mit denen er nichts zu tun haben will. Er lehnt auch ab, mit einschlägigen Gefühls-Vorlagen hausieren zu gehen oder „authentisch“ zu nennen, was ein Ergebnis genauer Überlegung ist. Er präsentiert die Termine und geht niemandem mit seiner Philosophie auf den Kranz. Ich weiß das zu schätzen und bin auch immer wieder dankbar für seinen pragmatischen Input ...
Also ziehe ich mir ein Hemd an und folge ihm ins Treppenhaus.
Auf perfekte September-Momente! / Krazy
***
betr.: das Wetter (krazynews 09/24)
Verehrtes Publikum, liebe Gemeinde, hi folks!
Im August ist die hohe Zeit der Open-Air-Festivals, und ich bin – siehe Reklamebock- erfreulich unterwegs und viel draußen. Freue mich auf neue Orte (Werbellinsee! Wangerooge!) und einige Wiedersehen - besonders wild auf das alljährliche Klassentreffen der Liederleute beim adriAkustik-Festival, das ich allen, die sich eine anregende Überdosis deutschsprachiger Lieder in zauberhafter Umgebung als guten Urlaub vorstellen, wärmst empfehle!
Im Elfenbeinturm, hatte ich mir vorgestellt, wären nun eigentlich Betriebsferien, und ich würde mich in Ruhe auf die Reisen und Konzerte vorbereiten. Allein: meine beiden Experten möchten am Hype teilhaben und lungern mir im Weg rum. Der Reklameblock nervt, wir sollten mal wieder einen Audiotrack liefern (ich müsste ihm nur kurz dieses eine Riff spielen, ginge doch schnell…), und der Newsletter will übers Wetter reden. Keine Ahnung, wieso. Aber der Reklameblock fand die Idee super, und ich hatte noch die Wäsche und dachte: Lass ihn halt machen.
Das Wetter, behauptet jetzt also der Newsletter, sei ein schwer unterschätztes Gesprächsthema, und doch die Nummer Eins, weltweit wie historisch. Über das Wetter zu sprechen – wie es ist, wie es sein sollte, könnte, wie es war, wie es wird – könne überhaupt als einer der Gründe der Spezies gelten, ein Gehirn, Gebiss, System zu entwickeln, mit dem sich nicht nur persönlich kommunizieren, sondern gemeinsam über etwas Drittes reflektieren lässt. Das Wetter dürfte in den ersten Konversationen wie der längsten Zeit Menschheitsgeschichte eine zentrale Rolle gespielt haben. Sesshaftwerdung, Ackerbau ff. seien ohne obsessive Beschäftigung mit dem Thema nicht denkbar…
In unserer Natur-fernen Zeit und Gesellschaft sei eben das Wetter nicht zufällig der beliebteste Auftakt zum Gespräch - die Versicherung und Verortung in einer gemeinsamen Wirklichkeit: „Haben wir ja Glück mit dem Wetter!“ Ein verbindendes Schicksal: „Bah, was für’n Wetter wieder!“ Eine höhere Instanz: „Machste nix, bei dem Wetter…“ Beim sinn - und belanglosen kommentieren des Wetters begegneten sich Menschen als Verbündete und Ausgelieferte im größeren Zusammenhang: Dem Wetter sind wir alle gleichgültig.
Statt diesen common ground aber zu schätzen und zu pflegen, würden unserer Tage Gespräche über das Wetter als Smalltalk verachtet, und man füge ihnen Relevanz und Information bei, die sie doch nicht aufwerte. Statt sich in gemeinsamer Beobachtung und Spekulation zu ergehen, bringe man unterschiedliche Apps in Stellung, schlimmer noch ziehe die Politisierung ein, bei dreißig Grad im Schatten: Zeichen der Apokalypse oder ganz-normaler!!!-Sommer? - und gleich würde diskutiert, ob der Datenlage eher zu trauen sei als dem eigenen Blick aus dem Fenster, inwieweit die Regierung verantwortlich, das Klima menschengemacht, die Medien schuld und so fort…
Er, der Newsletter, halte das für unwürdig. Ein Gespräch übers Wetter sei genau nicht dazu da, zu erfahren, welcher Welterklärung das Gegenüber anhinge. Und jede belanglose Übereinkunft der Rechthaberei zu opfern, sei weder dem Überleben der Menschheit dienlich noch geeignet, das soziale Mikro-Klima einer Situation zu chillen... Wolle er nur mal zu bedenken geben.
Zugunsten des sozialen Mikro-Klimas im Elfenbeinturm kommentiere ich das nicht weiter - hoffe aber, er stellt, während ich weg bin, mal ein Fenster auf Kipp.
auf gutes Festival- Wetter! / Krazy
***
betr.: nicht Klagenfurt (krazynews 07/24)
Verehrtes Publikum, liebe Gemeinde, hi folks!
Dass es wieder so ausarten würde, war zu befürchten. Aber während der Fußball-Feierlichkeiten, dachte ich, wird es nicht so auffallen, und dem Betriebsklima im Elfenbeinturm guttun - also habe ich den Redaktionsschluss für den Juli-Brief geschoben, damit unser Kollektiv bei Popcorn und Kaltgetränken den Bachmannpreis bingen konnte.
Das Klagenfurter Literatur-Spektakel mit seinen Ritualen und Memes, seinem Jargon und Personal ist im Elfenbeinturm ein ähnlicher Hype wie draußen die Länderspiele (der Newsletter ist Tingler-Ultra, ich cheere für Strässle und Schwens-Harrant, der Reklameblock trägt Kastberger-Trikot, ist aber, man merkt es einfach, heimlicher Fan von Sanyal), war auch heuer wieder erstklassig, und wie immer bekam der eine Text im Bewerb, der im Elfenbeinturm besonders gefeiert wurde, keinen Preis.
Dann hatte ich was zu üben und einen Termin beim WDR, zu dem ich den Kollegen Danny Dziuk begleiten durfte: jener wiederum war bei der Sendung „Liederlounge live“ zu Gast (siehe Reklameblock) – und als ich gut gelaunt in den Elfenbeiturm zurück kam, war das gechillte Betriebsklima wieder dahin.
Der Newsletter schwitzte über einer Polemik zur, wie er fände, ästhetischen Zumutung speziell der deutschen Nationalfarben und Praxis des Fahnenschwenkens generell (ein aus militärischen Kontexten stammender Mindfuck, territoriale Ansprüche und Menschengruppen zu markieren, die ansonsten nicht zuverlässig bestimmbar seien - mit ihrem unbestrittenen Nutzen bei Sportveranstaltungen nicht zu entschuldigen, und so weiter) …
Ich merkte an, die deutsche Mannschaft sei inzwischen aus dem Turnier geflogen und die Beflaggung draußen bereits rückläufig – aber der Newsletter meinte, er sei noch nicht fertig und wolle auf was anderes hinaus...
Ob wir nicht irgendein schönes Sommerloch-Thema hätten, intervenierte jetzt der Reklameblock - irgendwas mit Tieren, vielleicht diese Geschichte mit dem entlaufenen Esel, der in Reh-Gesellschaft lebt? Und ehrlich gesagt wär mir das auch lieber gewesen.
Der Newsletter aber verbat sich die Einmischung und eskalierte nun gegen allgegenwärtige Firmenflaggen und Markenlogos, die dieser Tage nicht minder scheußlich und anmaßend Alltag und Landschaften verschandelten, visuelle Einstimmung auf neo-feudale Verhältnisse in turbo-kapitalistischen Privatstädten, und so fort …
Die Reise sollte noch viel weiter gehen - aber die ganze Unternehmung war, man muss es so sagen, schlecht organisiert, unzureichend begründet und den Erkenntnisgewinn nicht wert - von den wilden Analogien und der boomerhaft-larmoyanten Tonalität mal abgesehen, die ich so übertrieben wie ermüdend fand…
Aber der Elfenbeinturm ist nicht Klagenfurt, und so habe ich die Sache mit einem sofort wirksamen Redaktionsschluss beendet. Der Newsletter kriegt sich schon wieder ein, und um sein dramatisch zerrissenes Elaborat ist es, glaubt mir, nicht schade.
Auf bald, hier oder dort / Krazy
***
betr.: bei Licht (krazynews 06/24)
Verehrtes Publikum, liebe Gemeinde, hi folks!
Im Juni bleibt der Koffer gepackt – die Festival- und Reise-Saison beginnt für mich mit einem solo-Ausflug in die Görnische Künstlergasse zu Meißen. Die verbleibenden Wochenenden geht es mit dem Danny Dziuk-Trio zum ehrwürdigen Waldeck-OpenAir und zum Theater am Rand in Oderaue. (Details -->hier) Letzteres steht schon viele Jahre auf meiner Liste von Orten, die ich unbedingt mal besuchen, am liebsten bespielen wollte: Ein weiterer Wunsch wird wahr!
Abschminken dagegen kann ich mir mal die Illusion, dass im Elfenbeinturm der Betrieb weiterläuft, wenn ich nicht anwesend bin: Anfang des Monats war nichts vorbereitet, das idealerweise schon fertig hätte sein sollen. Newsletter und Reklameblock finde ich schließlich vor dem Bildschirm, in gemeinsamer Freude über KI-generierte Spottlieder im vorpolitischen Diskursraum. Alles daran eine Provokation. Die Keksdose zwischen sich, schauen sie erwartungsvoll zu mir auf.
In dieser Szene ist mir die Rolle zugedacht, die Sache scheußlich, wenn nicht beängstigend zu finden – aber so einfach bin ich nicht mehr zu trollen. Dass der Reklameblock sich für KI-Werkzeug begeistert, lass ich mir noch einreden. Der Newsletter jedoch lauert zu offensichtlich auf ein Stichwort, auf dem er irgendwie originell abheben könnte, etwa:
Wenn auch die eigenen paar vorzeigbaren Werke ein halbes Leben an Zeit, Übung, Konzentration, Nervenabrieb und Materialverschleiß gekostet hätten, und dann ein Generator binnen Sekunden formal Ähnliches zusammenwürfele, bliebe doch der Mensch immer erkennbar an seiner persönlichen Kränkung deswegen…
Ich kenne meine Pappenheimer. Sie tun auch nur so, als nähmen sie mir Arbeit ab, während sie mir in Wirklichkeit Zeit rauben, und ich hier buchstäblich wieder alles allein mache. Bei Licht betrachtet haben die imaginären Kollegen keinen Grund, sich einem Chat-Bot überlegen zu fühlen. Vielleicht hol ich mir so ein Ding. Damit rechnet er nicht, der feine Herr Newsletter.
Wir sehen uns draußen! / Krazy
***
betr. Luxus (krazynews 05/24)
Verehrtes Publikum, liebe Gemeinde, hi folks!
Schon rauscht der Mai rein, und bevor ich gleich zwei Mal mit meinem Programm zurück in meiner Stadt bin (checkt die Termine --> aktuell + live!) darf ich schon wieder die Koffer packen: Nach der NRW- Runde geht es im Danny Dziuk-Trio UNTERM RADAR weiter Richtung Osten, in Ortschaften mit klangvollen Doppelnamen, die meinen Horizont erweitern werden… Große Freude und leichte Hektik im Elfenbeinturm.
Der Newsletter, dem ich von der gelungenen Tour erzählt und dabei im Schwung vielleicht ein, zwei Mal zu oft den einen oder anderen missverständlichen Begriff verwendet habe, hält dies für den richtigen Moment, sich an einem davon aufzuhängen, und möchte dazu noch folgendes vom Stapel lassen:
„Luxus“ gehört – wie auch „Kunst“, „Qualität“, „Erfolg“ und „Privileg“ - zu den Begriffen, für deren Definition es zwar allgemeine Parameter gibt, deren konkrete Anwendbarkeit aber subjektiv bleibt und ohne Vergleichswert kaum Sinn ergibt... Was lässt sich über den Luxus selbst sagen?
Wie die ganze Bagage ist er ein zweifelhafter Geselle: Erst schindet er Eindruck, und wenn man sich an ihn gewöhnt, verschwindet er mit seinem Glanz und lässt einem nur seinen tristen Alltag da. Will man den Luxus zurück haben, hilft, wovor er einem Angst eingejagt hat: Dahin zu gehen, wo der Luxus nicht ist. Kaum hat man erleichtert festgestellt, dass ein Leben ohne ihn möglich ist, taucht er irgendwo wieder auf, mit Blumen und Verheißungen… Wer hier die Muster sog. toxischer Beziehung erkennt, ist gewarnt.
Was aber nicht heißen soll, dass man ihm ganz aus dem Weg gehen sollte - oder auch nur könnte: Wer den Luxus hat, muss ohnehin mit ihm klarkommen. Wer ihn schon in einer heißen Hoteldusche, einem gedeckten Tisch, einem guten Bühnentechniker erkennt, sollte sich sogar unbedingt auf ihn einlassen: seine Gesellschaft kann sehr angenehm sein - solang man ihn scharf im Blick behält. Wenn seine Konturen verschwimmen, wird er anstrengend. Auch seine Nebengeräusche (im einen Ohr „Ausbeutung, Ressourcenvergeudung, Klassenkampf!“, im anderen die kleinste Violine der Welt, die von der tiefen Tristesse kündet, die der Luxus in sich trägt) sollte runterdimmen können, wer mit ihm um die Häuser zieht... Natürlich hat er seine Probleme. Die haben sie alle – und die Probleme, die etwa „Kunst“, „Qualität“ oder „Erfolg“ mitbringen, scheinen mir tatsächlich weit interessanter. Aber auf Basis der Erkenntnis, dass diese ganze Überlegung schon einen Luxus darstellt, sollten wir eingestehen, dass jene ohne ihn nicht zu haben sind. Schon deswegen hat der Luxus eine gewisse Achtung verdient. Grüßt ihn, wenn ihr ihn seht.
Maisonne für alle! / Krazy
betr. Clubs für alle (krazynews 04/24)
Verehrtes Publikum, liebe Gemeinde, hi folks!
Während ich mich schon sehr auf den April- Abschnitt der Danny-Dziuk-Tour freue (Dortmund! Köln! Wermelskirchen! Gießen! Dorsten! Neuss! Erftstadt!) und der Reklameblock die --> Informationen dazu bereitstellt (auf dass mein Bundesland dem Besuch die gebührende Aufmerksamkeit widmet!), möchte unser Newsletter, dessen persönliche Interessen selten genug mit einem aktuellen Thema matchen, unbedingt was zur jüngst über die demokratische Rampe gehievten Cannabis-Legalisierung erzählen:
Spannend blieb es bis zuletzt, und ein bisschen bewegend war es auch: Wie der betont abstinente Bundesgesundheitsminister höchstselbst plötzlich in nonchalanter Expertigkeit über „den Stoff“ referierte – schon cringe, aber hinreichend aufgeklärt - und der Entrüstung und Zeigefingerei tapfer standhielt, mit der die todesredundante Debatte ein weiteres Mal durch die Medien und schließlich, endlich, durch den Bundestag ging.
Das ins Werk gesetzte CanG selbst ist nicht so berauschend. Insgesamt ist der deutsche Weg der Legalisierung so angelegt, dass wirklich alle was zu motzen haben, und nicht nur darin vor allem bemerkenswert deutsch: Vereinsmeierei soll nun regeln, was man nicht dem Fachhandel überlassen will. Kiffer mit erhöhtem Eigenbedarf sollen sich in nicht-kommerziellen Cannabis-Clubs organisieren (Vorstand, Kassenwart, Satzung, Protokoll, you name it), erst mal ihren Acker bestellen, bevor sie die Ernte genießen - und dabei so viel Papierkram und so wenig Spaß wie möglich haben, wie jeder andere Mensch in Deutschland auch.
Allerdings: Ausgerechnet vom Standpunkt des gleichen Rechts für alle Genussmittel mit Gesundheitsrisiko tut sich bei genauerer Betrachtung mit dem CanG-Konzept eine interessante, geradezu antikapitalistisch-utopische Perspektive auf:
Alkohol? Brau- und Kelterei - Clubs für alle, denen der zuhause Aufgesetzte nicht mundet. Tabak? Kann man auch auf dem Balkon ziehen, fermentieren wiederum im Verein. Kaffee wird schwierig, aber Muckefuck wäre machbar, und das nächste große Ding sind sowieso Vitalpilze. Zucker? Dort gehts zum Rübenacker, hier raffinieren wir gemeinsam. Und wer, wo wir einmal dabei sind, unbedingt Fleisch essen möchte, könnte sich einem Viehzucht- und Schlacht -Club (e.V.) anschließen...
Das Vereinsleben würde boomen. Andererseits würden große Industriezweige obsolet bzw. illegal, aber eine Mehrheit hätte auch gar nicht mehr viel Zeit, einer Lohnarbeit nachzugehen (ein sattes bedingungsloses Grundeinkommen würde praktisch unvermeidbar): alle wären beschäftigt, heute dies und morgen jenes - morgens gärtnern, nachmittags brauen, abends ein Ka
ninchen häuten, und nach dem Essen den Vereinsvorstand kritisieren… Könnt ihr mir folgen, klingelt da was? Sollte das CanG ein visionärer Schritt Richtung Überwindung des Kapitalismus sein? Über Kleingartenvereine zur Räterepublik? Wir sollten nichts unversucht lassen.
High five / Krazy
***
betr. Sinn der Übung (krazynews 03/24)
Verehrtes Publikum, liebe Gemeinde, hi folks!
Frühlingssonne fällt in den Elfenbeinturm, der März steht in der Tür - und mit ihm die ersten Konzerte von Danny Dziuks "Unterm Radar"-Tour 2024, die ich zusammen mit Karl Neukauf begleiten darf. Quasi auf dem Weg liegen auch zwei solo-Gastauftritte bei den Berliner Lesebühnen Brauseboys und Reformbühne Heim und Welt... Die Show geht weiter! Endlich.
Euch kann ichs ja erzählen: In den letzten Wochen herrschte im Elfenbeinturm ein bisschen der Lagerkoller. In der Wortwerkstatt ein bisschen die Verzettelung. Der Newsletter blockierte das Internet und rauchte mein Dope weg, und unser Reklameblock hatte ein mentales Tief. Statt aber Winterschlaf oder Urlaub zu machen, hing er dauernd in meiner Songküche rum, wollte noch was anderes probieren, war mit Bildern nicht zufrieden, fand die Idee doch nicht gut... Und bei allem viel zu genauen Verständnis: Noch so einen Lappen kann ich gar nicht gebrauchen. Die Extravaganzen des Newsletters sind schon diskutabel - umsomehr ist geradezu der Sinn der dissoziativen Übung, dass der Reklameblock stabil bleibt. Ihn brauche ich cool, pünktlich, pragmatisch und überzeugt.
Der Newsletter sah sich auf einmal zum Diplomaten berufen und kam mir mit dem Konzept der gewaltfreien Kommunikation (sowas findet er im Internet). Fragt nicht, wie genervt ich war. Und habe mich doch darauf eingelassen, allein um zu demonstrieren, dass auch diese Schlaumeierei ihre Grenzen hat, bevor ich sie alle miteinander rausschmeiße...
Ergebnis: Die gedankliche Anordnung und Formulierung meiner Ich-Botschaft in 4 Punkten hat mich schon so beschäftigt, dass erst die Streitlust darüber verrauchte und schließlich mein Fokus derart verrutschte, dass ich das Konzept bzw die Frage, ob und wie es sich auch weniger formell umsetzen ließe, am Ende interessanter fand als den Konflikt. Der Newsletter meint, das sei mehr oder weniger Sinn der Übung, und außerdem doch gleich eine schöne Geschichte... Der Hund.
Unseren Reklameblock hat schließlich die Präsenz des Anliegenden und der Kick der Routine wieder in die Spur gebracht. Wir sind alle erleichtert. Der Winter ist überstanden. Ich freue mich wild, wieder auf die Bühne zu kommen, unter echte Leute.
hoffe, ihr seid dabei! Ahoist / Krazy
betr. Showroom (krazynews 01/24)
Verehrtes Publikum, liebe Gemeinde, hi folks!
Mit den Traditionen ist es so eine Sache: Sie haben ja durchaus ihr Erfreuliches, strukturieren Jahreszyklus, Alltag und Selbstverständnis, bringen eine angenehme Erwartbarkeit, ein bisschen Konzept in unser wechselhaftes Dasein. Andererseits neigen sie auch dazu, in sinnlose Prinzipienreiterei auszuarten und sich als Gesetzmäßigkeit darzustellen, der fraglos zu folgen sei. Dabei handelt es sich in aller Regel um Handlungen, mit denen irgendwann mal begonnen wurde, die sich entwickelt haben und irgendwann auch ein Ende finden bzw. ausgesetzt werden können: Die Welt dreht sich weiter.
So gab es im Elfenbeinturm heuer keine Inventur-Party zwischen den Jahren, sondern eine größere Baustelle - nicht nur der Rückschau, sondern vor allem der Zukunft gewidmet: Als wahrscheinlich letzte Künstlerin, deren Selbstvermarktungs-Versuche noch ins vorige Jahrhundert zurückreichen, habe ich nun endlich auch meine eigene Homepage, die sich umstandslos digital, aber ebenso auf Plakaten, Flyern, Visitenkarten, Bierdeckeln und anderen analogen Datenträgern verlinken lässt.
Der Newsletter mit seiner speziellen Tradition, sich im Januar-Brief gegen Kalender-konforme Neuanfangs-Projektionen auszusprechen und für einen gepflegten Winterschlaf zu plädieren, hätte mit der Eröffnung aus Prinzip gerne bis zum ersten Meisenschlag gewartet, wurde aber vom Reklameblock und mir überstimmt und schien darüber auch nicht unglücklich.
Somit hat der digitale Showroom des Elfenbeinturms ab sofort geöffnet, Januar hin, Neuanfang her:
--- www.krazysongster.de ---
Kommt vorbei, bringt Leute mit! Audiovisuelle Häppchen werden gereicht, imaginärer Champagner steht kalt.
Auf das Neue!
Cheers / Krazy
Kalenderjahr 2023:
betr. Flaschenpost (krazynews 12/23)
Verehrtes Publikum, liebe Gemeinde , hi folks!
Es hätte so schön werden können für Dezember: Der Newsletter wollte eine schmissige Jahresend-Rede halten und der Reklameblock, keine Termine und leicht einen sitzen, Danksagungen in Liedform vortragen, und ich hätte nur meinen kerzlichen Gruß beigefügt... Aber ach: Jetzt ist was dazwischen gekommen, die Feier ist vertagt, ich muss wieder selber ran.
BREAKING NEWS - die leider einige von euch nicht erreichen werden: Der E-Mail-Account, an dem nicht nur der Newsletter-Verteiler, sondern ein guter Teil meines kleinen Betriebs hängt, ist mir nicht mehr zugänglich. (Mit unklarer Ursache, aber in der Unlösbarkeit eindeutig meinem Schlautrotteltum zuzurechnen: die für den Fall vorgesehenen Wege habe ich eigenhändig versperrt, fragt nicht...).
So mittelkatastrophal das alles ist, scheint es nur mich zu betreffen. Mithin muss ich alle E-Mail Empfänger:innen, die diese Flaschenpost auf anderem Weg erreicht, bitten, meinen bisherigen Absender aus den Kontakten zu löschen. Meine vorerst aktuelle Adresse ist krazysongster(at)gmx.de
Alle, die den Newsletter noch per E-Mail bekommen wollen, mögen sich gerne da melden. Wer von meiner alten E-Mail Adresse "crazymoves(at)gmx..." seltsame Post erhält, möchte bitte Alarm geben. Und falls eine Person unter euch ist oder eine Person kennt, die qua Connects oder Skills noch ein Wunder für mich bewirken kann: Willkommen auf der ewigen Gästeliste! ...
Der Newsletter himself, der keine praktischen Probleme, aber überall Muster sieht, findet übrigens, dass sich diese unfreiwillige Tabularasa ganz gut in unser 30jähriges Jubiläumsjahr fügt - sei dieses doch geprägt gewesen von Ankommen und Aufbrechen gleichermaßen (usw)... Von ihm hab ich sowas erwartet. Aber auch der Reklameblock, den die Sache eigentlich kümmern sollte, bleibt erstaunlich cool und meint, dass wir jetzt mehr wüssten, die Show eben weitergeht und der Winter eh wieder lang wird. Stabiler Fatalismus: die Stimmung war schon schlechter. Im Elfenbeinturm brennt Licht. Die Songküche ist warm. In der Wortwerkstatt könnte mal wer saubermachen. Für die Arbeiten an der längst fälligen Homepage müssen Flur und Treppe zum Archiv frei geräumt werden. Wir sind dran.
Kommt alle gut in den Winter und die Jahresend-Feierlichkeiten!
Kerzlich / Krazy
***
betr.: gute Presse (krazynews 11/23)
Verehrtes Publikum, liebe Gemeinde, hi folks!
Während der November draußen die Blätter zusammenfegt und der Reklameblock, beflügelt vom Applaus im letzten Monat, singend um die Häuser zieht, raschelt im Elfenbeinturm der Newsletter mit der Zeitung - ihr erinnert euch: Dieses Medienerzeugnis auf Papier, in dem vorne der globale Stand der Dinge und weiter hinten berichtet wird, was in der Gegend so los ist.
Mein Newsletter ist, obgleich ein Verwandter des Genres, eigentlich kein Zeitungsleser. Die Übersicht des Weltgeschehens ist ihm ein paar Nummern zu groß, das Konzept der unbedingten Aktualität suspekt, und kein Verständnis hat er für Pfusch am Detail, der unter Zeitdruck zustande kommt. Seine neue Wertschätzung insbesondere des Lokalteils führe ich deshalb zurück auf die gute Presse, mit der ich von der letzten Konzertreise zurück kam.
Gleich am ersten Abend nämlich meiner insgesamt feinen kleinen Tour saß im insgesamt zauberhaften Publikum ein Lokal-Reporter - vielmehr: ein Kultur-Journalist aus dem Bilderbuch meiner im letzten Jahrhundert geprägten Weltvorstellung - komplett mit Kamera, Notizblock, Stift - der dann auch tatsächlich den ganzen Abend blieb und schrieb und fotografierte. Und bereits am nächsten Vormittag (!) war der Bericht online (später kam er noch gedruckt), und so ausführlich wie sachverständig geschrieben, dass ich vom Ort und Anlass abgesehen damit hausieren gehen kann: --> link
In unserer Stadt dagegen scheint der Niedergang der Lokalzeitungen beschlossene Sache: Jüngst hat das ansässige Medienhaus seine Produktion in ein anderes Bundesland verlegt, was absurde Lieferwege verursacht und insgesamt als äußerst un-kölscher Move gewertet wird. Der Newsletter ist kein Lokalpatriot, aber gegen die neoliberale Brutalisierung des Arbeitsmarktes, und erklärt sich solidarisch mit der gekündigten Druckerei-Belegschaft. Dann greift er wieder nach der Wildeshauser Zeitung: Ein Baum liegt auf der Straße, ein 16jähriger hat im Bahnhof randaliert, ein Sprengstoffspürhund geht in Rente. Immer was los da oben.
Wo wir uns im November live sehen können, weiß der Reklameblock.
bis dann Krazy
***
betr. tolle Geschichten (krazynews 10/23)
Verehrtes Publikum, liebe Gemeinde, hi folks!
Zum Erntefest im 30. Berufsjahr, das ich im Oktober draußen mit einer kleinen Tournee im Norden und einem Konzert im Herzen meiner Hood feiern darf (alle Details im Reklameblock), haben wir letztens im Elfenbeinturm-Archiv eine spontane Betriebsparty geschmissen. Die Stimmung war zünftig selbstbesoffen, es wurden Dokumente und Erinnerungen rausgekramt:
Die ersten Slogans ("No Jukebox!", "hinsetzen, maulhalten, zuhören"). Die ersten Ehrenleute, die dem Programm regelmäßig Raum gaben und Respekt zollten... Nächtliches plakatieren von Schwarzweißkopien (DIN A3, längs halbiert) die gepfefferte Knolle schließlich und amtliche Korrespondenz wegen 8 Streifen Transparentklebstreifen... Fanpost und Komplimente, die explizit dem Newsletter galten, die Leute (erst jüngst wieder), die nur wegen ihm zu meinen Konzerten kamen. Die erste explizite Abbestellung wegen expliziter Wortwahl des Newsletters... Im Nachhinein alles tolle Geschichten. Tenor: Wir waren schon ein wilder Haufen.
Im Kostümfundus wurde es dann noch kurz kontrovers. Der Reklameblock und ich machten ein paar Selfie-Faxen, der Newsletter ein paar ätzende Bemerkungen über sinkende Gehirnleistung aufgrund visueller Reizüberflutung in Medien und Frondienst für die Aufmerksmkeitsökonomie (er verachtet Algorithmen, die Bilder dem Textsegment vorziehen). Der Reklameblock meinte dagegen, dass Posen, Schnuten, Faxen für die Kamera nicht erst mit der Selfie-Technologie, sondern genaugenommen seit Bestehen der Popkultur zum Berufsbild gehören. Und dann kam er in Fahrt:
Er, der Reklameblock, habe auch mit Filzstiften angefangen, aber sei nicht vernagelt genug, um sich anderen Werkzeugen kategorisch zu verweigern. Er sei auch nicht durchweg begeistert vom Fortschritt der Technik und der Lage der Dinge, aber immerhin bereit, sich einzufuchsen. Er habe es nie an Stil mangeln lassen und sei für eine, Zitat: "Kommerz-vs-Kunst-Shitshow nicht zu haben". Er habe im Gegensatz zum werten Herrn Newsletter keine eigenen Fans, halte aber faktisch den Betrieb am laufen. Ohne seine chronistische Leistung wären unsere tollen Geschichten kaum belegbar. Wenn er sie nicht gesammelt hätte, gäbe es heute keine Bilder von früher, und wenn wir heute keine verbreiten, finden wir morgen nicht statt... Reklameblock on fire.
Der Newsletter wirkte, als hätte er das alles schonmal gehört (bin ziemlich sicher, dass sie sich insgeheim absprechen), aber ich war schon beeindruckt, was sie für ein Theater inszenieren, damit der Reklameblock seine eigene Bude auf Instagramm bekommt... Dort werden ab sofort aktuell-frische Info-Happen an Bildern gereicht (Posen, Schnuten, Faxen im Kostüm, Dokumentation von Bühnen, Backstages usf.). Wen sowas interessiert, bitte hier entlang: --> link
Und wer zu den Konzerten kommt, für die der ganze Zirkus ursprünglich ins Werk gesetzt wurde, bekommt noch immer von mir höchstpersönlich die Songs gesungen, um die es letztendlich gehen soll.
auf bald, hier oder da! / Krazy
***
betr. beschäftigt (krazynews 09/23)
Verehrtes Publikum, liebe Gemeinde, hi folks!
Mit drastischer Verspätung bummelt der Septemberbrief ein, und hat zur Erklärung wenig mehr vorzubringen als schlichte Verzettelung (allerdings nehme ich an, dass es euch damit geht wie mir bei den pflichtschuldigen Grund-dafür-Durchsagen an Bahnhöfen: es ist mir egal, weshalb der Zug später kommt) - immerhin: In diesem öffentlich ereignislosen Monat ist hinter den Kulissen so viel Betrieb, dass es zur Verzettelung reicht.
Vom Alltag will ich gar nicht anfangen, aber auch im Elfenbeinturm ist öfter lange Licht. Ich bin zwischen Songküche und Wortwerkstatt beschäftigt, wurde aber auch immer wieder abgelenkt, vielmehr: genötigt, mit dem Newsletter Tee zu trinken und Fragen zu besprechen, die eigentlich eher ins Ressort Reklameblock fallen. Jener hat mich damit immer verschont, was ich ihm hoch anrechne. Auch jetzt mischt er sich kaum ein, läuft aber gelegentlich durchs Bild, ostentativ beschäftigt mit praktischen Dingen, die den öffentlich äußerst ereignisreichen Oktober betreffen.
Den Newsletter beschäftigen derzeit allerlei ästhetische, ideelle, prinzipielle Fragen, die im rutschigen Grenzgelände zwischen Selbstvermarktungs-Diplomatie, Künstler-Image, Kunst-Anliegen Orientierung geben mögen - besser, sie sich selbst zu stellen, bevor es irgendwann andere tun, da hat er ja recht. Aber was dabei an Tee und Zeit drauf gehen kann, wenn man es mit meinem Newsletter zu tun hat... Zum Beispiel sind wir beim Thema Künstler-Image ja schon einig: Man hat es nur bedingt selbst in der Hand, und die Person lässt sich (in unserer Sparte) nur bedingt vom Werk trennen. Mir würde das als Grundlage reichen, auf der ich weiterhin meine Einzelfallentscheidungen treffe. Der Newsletter doziert aber weiter, dass, Zitat: ein Image, ob als Verhaltensrahmen kultiviert oder reine Projektion von außen, bei aller Funktionalität bzw. Unvermeidlichkeit auch andauernde Missverständnisse produziert. Image-Pflege sei demnach der möglichst kohärente Umgang mit Missverständnissen... Nicht sicher, was er mir da andrehen will, bin ich keinesfalls überzeugt von dessen Notwendigkeit.
It's not a bug - it's a feature! behauptet der Reklameblock im Türrahmen. Wen und was immer er damit wieder meint: ich bin dankbar für die Unterbrechung und seine konkreten Beiträge: Plakate sind fertig, die kompletten Termin-Infos zusammen und ein paar noch zu klärende technische und logistische Angelegenheiten in Arbeit...
Wir sehen uns dann im Oktober! / Krazy
***
betr.: unter Liederleuten (krazynews 08/23)
Verehrtes Publikum, liebe Gemeinde, hi folks!
Rechtzeitig zum neuen Monat sind Reklameblock und Newsletter wieder im Elfenbeinturm aufgekreuzt, in beinah suspektem Einvernehmen (offenbar haben sie den Urlaub zusammen verbracht - einerseits will ichs gar nicht genau wissen, andererseits werd ichs ja eh erfahren...), jedenfalls: Der Betrieb kann wieder aufgenommen werden. Bei der Redaktionsbesprechung dann auch keine nennenswerte Kontroverse (lediglich ein paar abschweifende Überlegungen vom Newsletter, zur Debatte gestellte Skrupel von mir, kryptische Motivationsformeln vom Reklameblock, die allesamt nichts zur Sache tun)... DIE Nachricht für August, da sind wir einig:
Das adriAkustik- Liedermacherfestival steht an! Letztes Jahr bin ich dort im Windschatten des Kollegen Danny Dziuk - heuer habe ich eine Einladung und einen Slot mit meinem Solo-Programm: Ein weiterer Wunsch ging in Erfüllung ... Wir reden hier von einem stabilst und liebevoll organisierten Festival an idealem Ort - aber darüber hinaus von einem sehr, sehr besonderen Ereignis: Öffentliches Zunft- Szene- und Klassentreffen unter Liederleuten. Mehr oder weniger einschlägig bekannte Stimmen aus allen Ecken der Republik. 5 Tage deutschsprachige Songs um die Ohren. Viel zur Klampfe in allen Facetten, aber auch diverse akustische Begleit- Instrumente, -Formationen, Spezial-Performances. Tagsüber die geladenen Acts und erste Kollegenbesuche vor und auf den Bühnen. Abends kann dann bei "Walters Liedermachershow" ein Jedes zwei (eigene) Lieder singen, das ein kritisches Urteil oder Desinteresse des vorsitzenden Liedermacher-Niedermachers Walter Stehling riskiert... Zu vorgerückter Stunde kommt es zu kollektiven Sternstunden auf der Bühne. Viele sind da, um das jährliche Wiedersehen zu feiern. Gutes Leben und beste Versorgung auf dem Gelände, See in der Nähe, ein Späti mitten im Wald...
Ihr ahnt es: Ich freue mich unbändig drauf und kann den Besuch wirklich empfehlen.
Wir sehen uns dann da! / Krazy
***
betr. Shoutout (krazynews 07/23)
Verehrtes Publikum, liebe Gemeinde, hi folks!
Der Juli-Brief kommt nicht nur spät, sondern auch quasi in Urlaubsvertretung: Newsletter wie Reklameblock sind irgendwo in der Weltgeschichte und kommen hoffentlich beizeiten unversehrt, erholt und voll motiviert zurück... Hier also heuer keine launige Sommerloch-Betrachtung, kein schönstes Ferienerlebnis, aber immerhin ein Veranstaltungshinweis, den ich bei der Gelegenheit gerne mit einem Shoutout an einen geschätzten Kollegen und sein Schaffen verbinde:
Seit stabilen 18 Jahren kredenzt der Dichter/Schriftsteller/Performer Chrizz B. Reuer die Veranstaltung "Freie Geister" als Organisator und MC. Seinem gleichnamigen Gedicht zufolge, auf das der Titel zurückgeht, kann man sich freie Geister als geflügelte Wesen vorstellen, die durch den Raum schwebend bzw. flatternd Unruhe und Irritation stiften, den aufgeschreckten Blick in die Dimension um und zwischen die Möblierung der eigenen Vorstellung lenken... Soweit meine persönliche, sehr freie (am Plot vorbeigeflatterte) Interpretation, die sich auf das Bühnenprogramm aber gut anwenden lässt: Die Veranstaltung war meistens eine wilde Mischung der künstlerischen Sparten, der Grenzgänge und Einzelexemplare, die in herkömmlich gefügten Kontexten irritierend wirken und sich hier in ihrer ganzen Unvergleichbarkeit zauberhaft zu einer Show fügen - in aller Vielfalt besonders schön zu bestaunen beim jährlichen Sommerfest, bei dem ich wieder mal und herzlich gerne mit von der Partie bin.
see ya'll / Krazy
***
betr.: Champagner bestellt? (krazynews 06/23)
Verehrtes Publikum, liebe Gemeinde, hi folks!
Wie letztens schon erwähnt, liegt diesen Sommer mein 30jähriges Berufsjubiläum an. Allein der Umstand ist mir natürlich ein rauschendes Fest. Aber was sich für mich schon irgendwie tautologisch anfühlt (im Prinzip ist eh jede Bühne ein erreichtes Ziel, jeder Gig eine Feierlichkeit) - um offiziell stattzufinden, will es auch öffentlich kommuniziert werden. Möglichst angemessen der Sensation, die es doch darstellt.
In dieser Sache haben der Newsletter und ich schon eine Menge Tee getrunken und ausführlich konferiert über Ästhetik und Nuancen der Selbstdarstellung, Substanz des Authentischen, Reize der Rollenprosa, Risiken der Entzauberung, diesdas... Dann kam der Reklameblock aus dem Urlaub zurück - und macht seitdem Stress der konkreten Art: Wie weit sind wir, steht das Programm? Einladungen geschrieben, Prominenz geködert, Presse informiert? Feuerwerk organisiert, Champagner bestellt? Oder soll das wieder mal alles die innere Haltung, der Zauber des Moments und die Phantasie des Publikums regeln? Undsoweiter. Jetzt hat sich der Newsletter ins Archiv verbröselt ("Rede vorbereiten", naklar) und alles hilft nichts: ich muss im Juni selber ran - oder lasse einfach mal unserem voll ambitionierten Reklameblock freie Hand... Seis drum. Schnallt euch an, ich bin raus - wir sehn uns bei den Konzerten! / Krazy
***
betr. aus dem Fundus (krazynews 05/23)
Verehrtes Publikum, liebe Gemeinde, hi folks!
Die letzten terminfreien Wochen war ich damit beschäftigt, den Elfenbeinturm zu entrümpeln, und habe unseren geschätzten Reklameblock, der bei all seinen Verdiensten bei sowas eher im Weg ist, mal in Urlaub geschickt - die paar Links zum Anliegenden, habe ich ihm versichert, kann der Newsletter auch einbauen, und die Leute haben alle Internet, wir kommen zurecht... Das wenige Anliegende aber ist erfreulich und will verkündet sein:
Im Mai findet seit mittlerweile 12 Jahren das PARADIESVOGELFEST auf Schloss Weitersroda statt - ein in jeder Hinsicht besonderes Festival, dessen Entwicklung ich aus der Ferne ein bisschen verfolgt habe und das ich immer mal besuchen wollte - aus naheliegenden Gründen am liebsten als Teil des Programms. Dieser Wunsch wird mir dieses Jahr erfüllt! Ich bin überglücklich und höchst gespannt auf die Paradiesvögel, freu mich auf alte Fahrensleute und neue Eindrücke, Schloss Weitersroda und alles... Wenn ihr an dem Wochenende noch nichts vorhabt, evtl. einen Trip nach Thüringen erwägt, schaut euch mal das Programm an! --> link
Mitten in den erwähnten Frühjahrsputz im Elfenbeinturm kam eine freundliche Anfrage des Magazins folker: Ob ich bei einer Aktion zum 25. Jubiläum mitmachen würde? Ein kurzes Grußvideo mit Antworten auf ein paar Fragen. Dieser Bitte wollte ich gerne nachkommen. Inzwischen bin ich auch technisch in der Lage, derlei auf simpelstem Niveau herzustellen... Allerdings in meinem Verhältnis zu diesen Dingen noch ein Stück Weg davon entfernt, gelassen in eine Selfie-Kamera zu performen. Also musste ich mir was einfallen lassen.
Neben der Bebilderung war auch eine Herausforderung, auf ein paar ziemlich große Fragen in Kürze zu antworten - und hier kam mir das Medium tatsächlich entgegen. Denn wo die komprimierte Kurzfassung überwiegend in der Behauptungsform daherkommt, konnte ich auf Bildebene immerhin ein paar Belege einbringen, deren Erläuterung die Fragen konkreter beantwortet, aber den Zeitrahmen gesprengt hätte. Auf Patreon plaudere ich dazu noch ein bisschen aus dem Gitarrenkoffer:
--> link
Auf Bild- wie Text- bzw. Audio-Ebene konnte ich immerhin aus dem Fundus bewährter Motive schöpfen - und so blieb es, ohne dass ich es mit dem Perfektionismus übertrieben hätte, bei einer guten Woche Arbeit, die sich dann auch gelohnt hat. Bisschen was lernt man ja immer dazu, und das Ergebnis kam beim Folker gut an - sodass meine Performance jetzt den Reigen der Gratulationen eröffnet. Schaut rein! --> link
satte Mai-Power wünscht allerseits / Krazy
***
betr. gespielt wird (krazynews 04/23)
Verehrtes Publikum, liebe Gemeinde, hi folks!
Der April-Brief kommt heuer in nie dagewesener Überpünktlichkeit, und das hat mehrere Gründe. Zunächst gibt es ein paar neu Interessierte im Newsletter-Verteiler zu begrüßen: Willkommen alle - ich hoffe, der Transfer funktioniert und ihr bleibt mir eine Zeitlang gewogen! ... Damit wiederum wollte ich nicht zu lange warten - denn die erfreulichen Beschäftigungen der letzten Wochen /Monate, gekrönt durch die Konzerte zum neuen Danny Dziuk-Album und einem von angenehmer Arbeit geprägten Berlin-Aufenthalt (den ich an anderer Stelle genauer erläutern werde - Herz geht hier raus an meine stabile Handvoll Patreon- Patrons: hab euch nicht vergessen!), haben ein vorläufiges Ende... Den April werde ich also u.a. einem weiteren Versuch widmen, den Kalender für die kommenden Monate ein bisschen voller zu kriegen. Wer dazu konstruktive Ideen hat oder gerade eine Festivität plant, zu der mein Repertoire einen sinnvollen Beitrag leisten könnte: Nur herein damit! Über öffentliche Termine im April, die (erfahrungsgemäß) immernoch spontan reinkommen könnten, werde ich euch ggf. in einer Sonderausgabe informieren.
Aber es liegt ja im März noch an: Das Dialogkonzert mit Cynthia Nickschas am 30. auf der Rheinbühne in Bonn! Wie allerdings jetzt zu erfahren war, steht dieser Termin wegen zu weniger Vorbestellungen ebenfalls in Frage - und das will ich ebensowenig einsehen wie meine großartige Kollegin und Power-Schwester bzw. Nichte ehrenhalber: Kommen wir doch beide aus der "gespielt wird!"-Schule, haben beide neue Songs und gemeinsame Geschichten von früher und freuen uns so auf- und aneinander, dass dieser spezielle Abend nur phantastisch werden kann, und eigentlich auch einschlägig interessiertes Publikum haben müsste... Hier also noch mal die Empfehlung, wenn ihr das Ereignis nicht verpassen und auch anderen gönnen wollt: Gebt dem Veranstalter bitte JETZT schon ein bisschen Zuspruch in Form von Vorbestellungen!
Gestern kam dann noch die nice Meldung rein, dass im Windschatten des Kollegen Dziuk auch ein Song von meinem Album in die aktuelle "Songpoeten"-Ausgabe auf WDR4 geraten ist. Ich danke Purple Schulz für die freundliche Moderation und Aufnahme in die Playlist, und empfehle die Sendung gerne weiter (hier insbesondere den exzellenten Song "Heimatmief" von Sascha Bendiks - hört euch den an!). --> link
Voller Frühling voraus - bis Bonn /Krazy
***
betr.: muss los (krazynews 03/23)
Verehrtes Publikum, liebe Gemeinde, hi folks!
Nachdem ich die letzten Wochen unterwegs sein durfte in meinem liebsten Ausschnitt der Wirklichkeit - der physischen Welt auf und zwischen Bühnen - habe ich dann mal wieder im Internet vorbeigeschaut, wie die Debatten so laufen, und war nicht überrascht, aber doch milde erleichtert: Nichts verpasst, nirgends vermisst - die Redundanz der Debatten würde auch erlauben, über Monate, wenn nicht Jahre auszusteigen. Mit Hinblick auf den Gesamtzustand der physischen Welt ist das eher bedrückend, aber für das herausgeforderte menschliche Individuum ist es auch wieder entlastend, gerade im sozial-medialen Raum, wo sich eh alle zu wichtig nehmen.
Nun möchte ich mir an dieser Stelle ausdrücklich kein Urteil darüber anmaßen, womit andere Leute ihre Zeit verdaddeln, wo und wie sie sich artikulieren und was sie aufregt. (Mich regen schon diese Tierdokus auf, in denen Bilder der Protagonisten in recht entspannt wirkender sozialer Interaktion zu dramatischer Musik als ununterbrochene Konkurrenz- und Überlebenskampf -Szenarien interpretiert werden, so wie all ihre staunenswerten Moves zu Lande, Wasser und Luft angeblich immer und ausschließlich auf Fortpflanzung abzielen. Womit man unseren planetaren Mitbewohnern pauschal individuelle Regungen und Motive wie Spaß, Genuss, Perfektionismus, Laune usw. abspricht - vor allem aber eine ideologische Figur befördert, die letztlich auch Homo Sapiens rein funktional fasst und mit "Konkurrenz" als evolutionärer Grundeinstellung die Naturgegebenheit des Kapitalismus gleich mitbehauptet - aber lassen wir das...)
Bemerkenswert ist mithin schon, wenn z.B. unter veganen Rezepten regelmäßig drei Viertel der Kommentare unterschiedlich heftige Bekundungen des kategorischen Desinteresses am Thema sind. Anscheinend wird dies als notwendiges Statement begriffen, als Diskursbeitrag, der die Welt mitgestalten, als Konsumenten-Einspruch, der gehört werden will. Was auch immer die Leute bewegt, sie bedenken dabei nicht, dass der zuständige Algorithmus dies alles als Interesse am Thema verbucht, sie also ihren Bildschirm, auf dem schon eine veganistische Umerziehungs-Kampagne stattfindet, durch jede Reaktion mit noch mehr vegan-Content bespielen... Oder haben wir es hier bereits mit Bot-Armeen zu tun (in unserem Fall logischerweise von der Veganista ausgesendet, könnt ihr folgen?), die sich gar nicht wirklich aufregen, sondern durch suggerierte Mehrheiten unsere Meinungsbildung manipulieren (Plausibilität mal beiseite)?
Zugegeben: Die Vorstellung, dass die sog. Diskurse in den sog. sozialen Medien zunehmend von Bots unterhalten werden, finde ich nicht ganz reizlos - mal weitergedacht: Vielleicht sollten überhaupt KI-Programme den social media- Laden schmeißen, während wir unsere Zeit sinnvolleren Dingen widmen und nur noch sporadisch vorbeischauen, wie es läuft...
Zutiefst dankbar stürze ich mich ins Anliegende und muss los: Die UNTERM RADAR-Tour mit Danny Dziuk und Karl Neukauf geht weiter: Leipzig! Berlin! Schwanewede! ... Und Ende des Monats bin ich in Bonn: Beim Dialog-Konzert treffe ich die geschätzte Cynthia Nickschas zu einem sicher ergiebigen Abend - das Konzept sieht vor, dass wir singen und plaudern. Die Details weiß wie immer der Reklameblock.
Wir sehen uns draußen! / Krazy
***
betr.: unterm Radar (krazynews 02/23)
Verehrtes Publikum, liebe Gemeinde, hi folks!
Der Februar war über die Jahre meistens ein Monat, in dem ich kaum was zu vermelden hatte - ganz anders diesmal: Die Gunst der Umstände erlaubt, dass ich im eigentlich explizit für meine eigenen Belange zuständigen Forum mal ausgiebig das gerade erschienene Album eines Kollegen empfehle. Formal geht das deswegen durch, weil ich erstens die Ehre und Freude hatte, für das Album ein paar Chor- und Begleitstimmen zu singen und zweitens auch bei einigen Konzerten der release-Tour (siehe Reklameblock) im Background dabei bin... So here we go:
Das neue Album von DANNY DZIUK trägt den exzellenten Titel UNTERM RADAR und klingt wie alle seine Produktionen: Integer. Glänzend in jeder handwerklichen Hinsicht, geliefert von einem, der jeden Weg mehrmals abläuft, um zur genau richtigen Form zu finden - sophisticated, aber mit Dreck an den Stiefeln. Jedes Register ist sorgfältig gewählt, gekonnt bedient und genau dosiert - von hypnotisch-schlicht bis durchkomponiert in mehreren Akten - stabile Harmonien, zwielichtige Atmosphären, elegische Bittersüße und unbeirrbare Coolness auf 3 Akkorden erzählen begeistert mit, was der Sänger zu sagen hat.
Durch den spricht eingangs erst mal Rio Reiser, der drüben auf dem Olymp diese Version seines Titels "Menschenfresser" feiern dürfte. Dann übernimmt Songschreiber Dziuk, als Texter herausragend vor allem darin, gesellschaftliche Fragen singbar zu verdichten: scharfsichtige Analyse unserer verwahrlosten Debattenkultur ("Alle reden durcheinander"), klare Ansagen gegen Politisierung auf Gefühlsbasis ("falscher Feind #3"), kritische Hinterfragung reflexhafter "Israel-Kritik" ("Israel") - das alles, beweist unser Mann, ist in Songform möglich, ohne dabei an stilistischer Würde oder inhaltlicher Differenziertheit einzubüßen. Dabei steckt noch in jedem dieser Texte mehr Erkenntnisgewinn als in öffentlichen Debatten, die solche Gedankentiefe nie erreichen.
Unterm Radar des Messbaren und öffentlich Zelebrierten verortet sind auch weitere Themen des Albums: Freunde, Befremden, Szenen eines unverhofft geglückten Weiterlebens in Anwesenheit des Todes - letzte Grüße an und von Wiglaf Droste: Eine Erinnerung an gemeinsame Stunden und die Vertonung eines späten Droste-Gedichtes. Der Titelsong schließlich benennt entwaffnend klar den Elefanten, der sich immer in den Raum schleicht, wenn es um Danny Dziuk geht: "ja, ich weiß, ich sollt/ viel bekannter sein/ als ich nun mal bin/ seh ich ja auch ein" - und gern die Frage aufwirft, ob eine gewisse Erfolgshöhe und eine spezifische Qualität der Substanz sich bedingen bzw. ausschließen, und ob das dann nicht eher ein Problem der großen Öffentlichkeit ist, die eben nicht hinschaut und zuhört, wo es interessant wird... Dass dieser Songster und seine pointierte Nachdenklichkeit dort stattfinden, spricht jedenfalls unbedingt dafür, sich in diesen Gefilden unterm Radar mal genauer umzusehen.
Wir treffen uns dann da! / Krazy
***
betr. Mitkämpferloge (krazynews 01/23)
Verehrtes Publikum, liebe Gemeinde, hi folks!
Dieses Kalenderjahr ist für mich insofern ein spezielles, dass ich irgendwann im Sommer 1993 erstmalig mit Gitarre auf der Straße stand und für Geld gesungen habe... demnach ist 2023 das Jahr meines 30jährigen Berufsjubiläums.
Schon lange bevor es digitale Baukästen zur Selbstvermarktung gab, habe ich also von freiwillgen Zuwendungen der Menschen profitiert, die meine Person und Arbeit trotz oder vielleicht sogar gerade wegen ihres nicht optimal Markt-angepassten Charakters interessant finden, wertschätzen und fördern: Solche Menschen gibt es, denn ohne sie gäbe es mich nicht - nicht als Künstlerin, seit für mich selbst erstaunlichen 30 Jahren...
Diese Ehrenleute, denen ich buchstäblich meine Existenz verdanke, sind in einem feierlich beleuchteten, Samt-gepolsterten Raum meines Bewusstseins versammelt, den ich auch schon seit Jahren die "Mitkämpferloge" nenne - eine Wortschöpfung des Logenbruders Achim, ewige Ehre geht raus!
Die Neuheit: Eine solchen Raum gibt es nun auch als virtuellen Treff: Auf der Plattform Patreon habe ich mir eine Bude geclaimt und nicht gerade nach Marketing-Handbuch, dafür aber in meinem Stil eingerichtet. Ihr könnt dort dem Newsletter ein Trinkgeld geben oder gegen Eintritt in einer der Mitkämpfer-Logen Platz nehmen, wo ich euch sporadisch mit Meldungen aus den Kulissen und Extra-Einlagen unterhalten werde. Die verschiedenen Logen sind preislich gestaffelt nach Kalkulation eines unterschiedlichen Arbeitsaufwands für den Content - was aber nicht in die Klassengesellschaft führen soll, weswegen die Angebote eher nach Themengebiet bzw. Intensität eures Gesamtinteresses sortiert sind und substanziell überall das Gleiche (nicht) versprochen wird.
Die Anmeldung ist simpel, ihr könnt euer Profil auch pseudonym anlegen und mir dann in einer persönlichen Nachricht mitteilen, ob ihr in den Credits/Danksagungen zukünftiger Produktionen lieber mit Klarnamen/ Monogramm/ überhaupt nicht auftauchen wollt, oder auch da gerne als anonyme Connaisseuse, Dude_vom_Dorf oder Haschhase420 firmieren möchtet... Ihr könnt auch meine Posts kommentieren, Herzchen geben und so fort.
Ich bin gespannt, wie ihr das alles findet, hoffe, ein paar von euch zu begeistern und freue mich sehr über Meldungen!
Auf ein Neues / Krazy
***
Kalenderjahr 2022:
betr. auf Wiedersehen (krazynews 12/22)
Verehrtes Publikum, liebe Gemeinde, hi folks!
Bevor der neue Monat einsetzt und ich mich und euch auf die Dezember-Events einstimme, erzähl ich noch schnell was vom jüngst gefeierten 25. Liederfest Hoyschrecke - von dem ich persönlich mir ja vorher etwa versprochen bzw. idealerweise gewünscht hatte: Neue Bekanntschaften, kollegiale Atmosphäre, facettenreiches Programm, beeindruckende Songs, inspirierte Zeilen, sympathische Menschen, solide-entspannte Orga, schickes Hotelzimmer, angeregte Gespräche, interessanten Austausch über verschiedene Herkünfte, Erfahrungen, Ansätze im Fachbereich, vegane Nudelsoße, großen Garderobenraum, schöne Bühne, gute Beleuchtung, coolsten Tonmeister, besten Sound. Möglichst diverse Stimmen, Perspektiven, Formen des Autorenliedguts, möglichst feierbare Beiträge im Wettbewerb, denen ich Erfolg wünschen und gönnen kann. Einen gelungenen Auftritt und dessen Wertschätzung in jeder Hinsicht und Form. Gute Begegnungen, interessante Informationen, potentiell nächste Einladungen ostwärts.
Leute, was soll ich sagen: Dieses persönliche Wunschkonzert hat für mich genau so stattgefunden... Vor diesem Hintergrund sehe ich den doppelten zweiten Platz, den mir sowohl Publikum als auch Jury im Wettbewerb zugesprochen haben, weniger als Krönung, sondern eher als geglückte Fügung dieses ganzen guten Zusammenhangs - auf die ich, versteht mich nicht falsch, absolut stolz bin. Ich danke für die für die Blumen, feiere die Hoyschrecken-Preisträger, applaudiere auch allen anderen Acts (die alle abgeliefert haben), verneige mich vor Veranstaltern, Jury, Moderation und Publikum - und begrüße an dieser Stelle alle neu Interessierten: Herzlich willkommen im Newsletter-Lesekreis!
Derart positiv auf Wiedersehen gestimmt gehe ich in den Jahresendmonat und freue mich jetzt auf ein weiteres intensives Cohen -Tribute-Konzert mit Zeremoniemeister Peter Sarach, Cecil Drax am Kontrabass und mir als dezenter Begleitung, bei schöner Beleuchtung und bestem Sound auf der Volxbühne in Mülheim an der Ruhr - sowie ein weiteres rauschendes Klassentreffen geschätzter Fahrensleute diverser Show-Sparten beim Vaganten Varieté, diesmal zu Gast in Köln-Mülheim. Damit ihr bei Interesse hin findet, hat der Reklameblock nochmal alles genau notiert.
bis dann / Krazy
***
betr. Hoyschrecke Liederfest (krazynews 11/22)
Verehrtes Publikum, liebe Gemeinde, hi folks!
Auf geht's nach Sachsen - zum Hoyschrecke Liederfest! Diese ehrenhafte Einladung, mit der ich im November-Brief eine Runde angeben möchte, geht initial auf eine andere Einladung zurück, die mich bereits im Sommer 2020 an den gegenüberliegenden Rand der Republik gelockt und durchaus positiv auf die Gegend eingestimmt hat (incl. geführter Tour, bei der ich mehr über das Erzgebirge lernen durfte, als ich über die Eifel weiß - herzliche Grüße gehen raus an Pfarrhaus + Rittergut in Dorfchemnitz!): Der Konzertabend war schön, das Aftershow-Gelage zünftig, die Konversation angeregt und das Publikum in einer Weise fachkundig, dass es keinerlei mühsame Fragen zur popkulturellen Einordnung meiner Arbeit hatte, sondern gleich zur Sache kam: Bei der Hoyschrecke, wurde mir mehrfach nahegelegt, müsse ich mich unbedingt bewerben.
Nun war mir dieses renommierte Liedermacher-Treffen mit angeschlossenem Wettbewerb/Preis natürlich schon vorher ein Begriff - schließlich ist die HOYSCHRECKE eine der bekanntesten Auszeichnungen, für die man sich als Songster/Liedermacher:ette im deutschsprachigen Raum so bewerben kann. Aber erst mein relativ neuer Status der offiziellen Veröffentlichung hat derlei Vorhaben in sinnvolle Nähe gerückt - jedenfalls tat ich wie geheißen, schickte eine Bewerbung nach Hoyerswerda - und wurde eingeladen zum 25. Hoyschrecke Liederfest, das im November 2021 stattfinden sollte, dann aber aus bekannten Gründen in dieses Jahr verlegt wurde...
Umsomehr freue ich mich jetzt auf das Wochenende, bin gespannt auf Begegnungen mit Leuten meiner Zunft und irgendwie weniger in Wettbewerbs-Stimmung denn je (was man eigentlich besser nicht zugibt, weil's einem gleich wieder als deplatzierte Bescheidenheit ausgelegt, als sog. eigene Schuld am sog. ausbleibenden Erfolg vorgehalten werden könnte und dergleichen mehr - aber mein Newsletter zappelt ja auch nicht auf TikTok rum oder zieht Schnuten bei Insta, macht also aufmerksamkeits-ökonomisch eh schon alles falsch und kann dafür in seiner Nische realtalken, yolo!)... Mithin: Gegen angemessene Wertschätzung meiner Arbeit und auch ein paar im Vorfeld gedrückte Daumen in dieser Sache habe ich überhaupt keine Einwände.
Ahoystens / Krazy
***
betr. Sarach in town (krazynews 10/22)
Verehrtes Publikum, liebe Gemeinde, hi folks!
Über die Oktober-News werden sich viele sehr freuen, einige werden ein bisschen Angst kriegen, manche werden nicht abschließend dazwischen entscheiden können - und all das völlig zu Recht: Peter Sarach ist in der Stadt!
Mein genialer Spezialkollege und brother-in-crime, der schon länger im spanischen Exil weilt, kommt diesen Monat vorbei, um mit mir ein paar Bühnen unsicher zu machen. Connaisseure, Veteraninnen, Leute vom Fach wissen Bescheid - allen anderen kann man nur empfehlen, sich dieses Ereignis zu geben.
An zwei von drei Abenden wird eine Überraschungstüte gereicht, die wir theoretisch mehrfach bestücken könnten: Über inzwischen einige Jahre haben wir uns kaum gesehen, waren aber beide nicht untätig: Während ich mit meinem Album hausieren gegangen bin und in letzter Zeit wieder öfter vor Publikum stand, hat Kollege Sarach in der Klausur u.a. albenweise Songs geschrieben und aufgenommen sowie seinen Instrumente-Fundus drastisch (u.a. um Saxophon und Cello) erweitert... Was man mit alldem gemeinsam anfangen könnte, kriegen wir derzeit noch raus und wird sich im Programm niederschlagen, neben alten Kloppern und Kamellen, die wir nicht verlernt haben, und Lyrik-Alarm, der auch nicht fehlen darf.
Die ersten öffentlichen Eruptionen sind im Reklameblock verzeichnet - gleich nach dem Sarach sings Cohen- Abend in der Torburg (mit Cecil Drax am Kontrabass!), mit dem wir feierlich-seriös einsteigen.
Wir sehen uns in Köln, Brühl, Solingen!
herzlich /Krazy
***
betr. im Element (krazynews 09/22)
Verehrtes Publikum, liebe Gemeinde, hi folks!
Meine kleine Sommertour ist abgetingelt und war, kann ich zusammenfassend sagen, eine wirklich gelungene Mischung von Ereignissen, Einsätzen und Entspannung (für die wohl landläufig der Begriff "Urlaub" steht, den ich aber seiner systematischen Begrenztheit wegen ablehne und lieber vom "guten Leben" sprechen möchte) - reich an freundlichen Begegnungen, erfüllten Stunden, perfekten Momenten auf, hinter, vor und zwischen den Bühnen... Ich feiere all die schönen Menschen, die daran beteiligt waren und das alles möglich gemacht haben!
Beispielhaft die besonders belebende Wechseldusche der beiden Festivals: Zum einen das wunderbare adriAkustik - auf den Bühnen und abseits davon ein großes Liedermacher-Kollegentreffen, bei dem rund um die Uhr musiziert und gejammt wird, sich aber eigentlich alles tagelang nur um Lieder, Songs, Storytelling zur (meistens) Gitarre dreht - wo ich mich also praktisch im Element aufhalten durfte und kollegiale Zugewandtheit wie eine gewisse Expertigkeit die Regel war. (Spezieller Dank hier an die Kollegen Danny Dziuk und Karl Neukauf, mit denen ich dort die Bühne teilen durfte, Jakob Heymann, der mich als Gast auf seine Bühne dort eingeladen hat, Zet Zerban (Saxophon), der mich da spontan begleitet hat, sowie Martin Veit und die ganze unglaublich abliefernde Crew vor Ort!)
Beim Ankerfest in Berlin dagegen hatten mich Punk-gebliebene Ehrenleute zwischen amtlich lärmende Formationen mit klangvollen Namen wie Messerschießerei und Gruftschlampen platziert (die Neunzehnjährige in mir und meine aktuelle Person waren gleichermaßen begeistert von der Idee) und bekamen geliefert, was sie bestellt hatten: textlastige Songs, die dann aber doch ein Kleinkind zum tanzen brachten und schließlich einige zum Teil regelrecht widerwillige Fans fanden (mehrmaliger Kommentar: "Also, so Lieder und Gedichte und so ist ja gar nicht meins, ABER...") - dann wurde es wieder ordentlich laut und noch ein schöner Abend. (Beste Gastgeber auch hier: Danke Anker Friedrichshain!)
Eben wieder zuhause und im September gelandet, geht es gleich weiter mit dem 3. POLIS-Weekend Happening in Köln, diesmal am Nippeser Rand von Ehrenfeld - wieder einem speziellen Ort, an dem genauere Untersuchungen der Gegenwart und Zukunft des Lebens in der Stadt lohnen und im Wochenend-Programm fokussiert werden...Es folgen weitere Aufführungen von "POLIS- die Stimmen der Stadt" in Mülheim an der Ruhr und Köln - übrigens mittlerweile nominiert für den Kurt-Hackenberg-Preis 2022 für politisches Theater in Köln. Die Details hat wie immer der Reklameblock für euch rausgesucht.
Kommt rum und schaut euch das an, empfiehlt
herzlich / Krazy
***
betr. Schichtwechsel (krazynews 07/22)
Verehrtes Publikum, liebe Gemeinde, hi folks!
Im kapitalistisch basierten Räderwerk des gesellschaftlichen Gesamtbetriebs ist die sogenannte Sommerpause ja mehr eine Art Schichtwechsel als eigentliche Pause: Mit den großen Ferien kommt die Urlaubs- Reise-, Reisegewerbe- und Festival-Saison. Mobile Attraktionen und Bühnen unter freiem Himmel werden aufgebaut und bespielt, die Gastronomie rockt, der Service performt: Wo die einen Urlaub machen, haben andere einen Job. In glücklichen Fällen und Nischen lässt sich beides kombinieren.
Da ich (bei erklärter Ablehnung der kapitalistischen Organisation des Gesamtbetriebs) eigentlich gerne arbeite und mit dem (auf fremdbestimmter Arbeit/ Lebenszeit basierten) Konzept "Urlaub" ebenso wenig harmoniere wie mit dem der "Freizeit" (samt deren "Gestaltung"), bin ich ganz richtig in einer der Branchen, die für die gelungene Ausnahmesituation im Alltag der Anderen zuständig sind - bzw.: in diesen Kontexten dankbar, wenn ich einen Job habe - und wo ich selbst nicht unbedingt reisewütig bin, sind mir Gigs der beste Anlass, auch mal ein bisschen raus- und rumzukommen...
Dazu haben sich diesen Sommer, siehe Reklameblock/ Terminvorschau, einige schöne Gelegenheiten ergeben.
Im Juli noch mache ich einen Ausflug zu meiner Bonner Lieblingslesebühne Ferkel im Wind. Der letzte Besuch ist ein paar Jahre her, damals noch im alten Euro Theater Central - so bin ich gespannt auf den neuen Spielort (Außenbühne!) und freue mich enorm auf Kollegium und Publikum!
In Köln hat das artelier mobile -traveling theater wie schon in den letzten Jahren auf den Poller Wiesen eine Sommerspielstätte für Theater und verwandte Spektakel errichtet, deren Besuch generell und schon der bezaubernden Freilicht-Kulisse wegen zu empfehlen ist - der Vaganten-Varieté-Abend mit den Fahrensleuten vom Raketenklub wird mir wieder ein besonderes Fest sein.
Euch allen einen möglichst erholsamen bzw. lukrativen Sommer wünscht
herzlich / Krazy
***
betr. Schwester Widerstand (krazynews 06/22)
Verehrtes Publikum, liebe Gemeinde, hi folks!
Die (analoge und digitale) Nachbarschaft weiß es schon, und mehr gibt es gerade auch nicht zu berichten - aber die Nachricht ist zu gut, um sie nicht noch als Juni-Brief herumzuposaunen: Nach zwei Jahren des umständehalber abgespeckten, dezentral improvisierten konzertanten Edelweißpiraten-Gedenkens findet 2022 in Köln wieder das traditionelle vollumfängliche Festival statt - und ich bin dabei!
Mehr noch: Das zu Ehren und Gedenken der Antihitlerjugend und zur Feier unangepasster, rebellischer Musik veranstaltete Edelweißpiratenfestival hat dieses Jahr das exzellente Motto "Schwester Widerstand" - und da ist es mir eine große Ehre, nicht nur am Sonntag im Friedenspark zu singen, sondern auch am Freitag beim Auftaktkonzert in der Lutherkirche. Dort wird außer mir und der Samba- Sängerin Marina Iris aus Rio de Janeiro auch die maximal eindrucksvolle Cynthia Nickschas performen, deren böse Tante (TM) ich mich aufgrund gemeinsamer Geschichte nennen darf, und der ich auch in Sachen Widerständigkeit und unangepasster Existenz schwesterlich verbunden bin... Eine Menge Gründe also, mich besonders zu freuen und den Abend wie auch das gesamte Programm allseits zu empfehlen.
Ich hoffe, wir sehen uns da!
Herzlich / Krazy
***
betr. Begegnungsraum (krazynews 05/22)
Verehrtes Publikum, liebe Gemeinde, hi folks!
Vom 18. bis 21.05.2022 findet in Köln am Rudolfplatz eine Veranstaltung namens polisCAMP statt (nicht zu verwechseln mit der ähnlich betitelten Theaterproduktion, mit der es im September weitergeht), auf der u.a. ich als kulturelles Schmuckelement auftauche. Ansonsten wird dort in modellhafter Bauwagen-Kulisse über die möglichst bessere Zukunft des urbanen Zusammenlebens beraten: "Gemeinsam mit Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Zivilgesellschaft, Unternehmen, Politik, Verwaltung – und vor allem mit allen interessierten Besucherinnen und Besuchern – werden an diesen Tagen Visionen urbaner Mobilität und lebenswerter Städte und Regionen als kollektive Gestaltungsaufgabe diskutiert und Lösungsansätze erlebbar gemacht", verheißt das Programm (siehe Reklameblock).
So ein organisierter "Begegnungsraum" und die Angelegenheiten, die dort besprochen werden, sind grundsätzlich zu begrüßen (ein "gutes Leben für alle", wer wollte das nicht?). Tatsächlich begegnen sich verschiedene Interessengruppen wohl viel zu wenig - jeder Versuch ist besser als keiner, und eine solche Veranstaltung ist schon ein Ergebnis jahrelanger Bemühungen, vernünftige Ideen zu etablieren. Mein voller Respekt gilt den Menschen, die diese politischen, offiziellen Bretter bohren und damit auch meine Interessen vertreten...
Allein: Ich denke dabei an die vielen praktischen Bemühungen, die Bürgerseits bereits betrieben werden, um das gegenwärtige urbane Leben zu gestalten und zu erhalten. An das gute Leben, das schon existiert, auf Brachflächen, in Kulturfreiräumen und alternativen Wohnprojekten: Zur Zwischenmiete, modellhaft, temporär - bis ein großes Bauvorhaben durch ist und das eben kultivierte gute Leben wieder vorbei... Ich denke an die Menschen, die tatsächlich in Bauwägen leben und ein gemeinschaftlich und ökologisch sinnvolles Leben versuchen, aber als Wohnform im juristischen Graubereich um Anerkennung ihrer Existenz zu kämpfen haben. Und dann an die große Mehrheit der urbanen Bevölkerung: Leute, die in einen solchen informativen Begegungsraum allenfalls zufällig reingeraten, weil sie nicht in der Innenstadt wohnen und von dieser Veranstaltung nicht erfahren, selbst wenn sie sich dafür interessieren würden (die aber sicher nichts dagegen hätten, ökologisch sinnvoll von A nach B zu kommen, wenn es umsonst wäre).
In diesem Sinne bleibe ich skeptisch, was die klimafreundliche Mobilitätswende und andere "Visionen" in Köln angeht - befürworte aber die Debatte, wünsche mir eine rege Beteiligung am Begegnungsraum und hoffe neben den Informierten aus allen Interessengruppen auch auf Stimmen, die evtl. niemand auf dem Zettel hatte.
wir begegnen uns dann da!
herzlich / Krazy
***
betr.: lifehack (krazynews 04/22)
Verehrtes Publikum, liebe Gemeinde, hi folks!
Ausgeschlafen, frisch frisiert und ready to rock steht der April in den Startlöchern - und wo pünktlich zum fools day meine diesjährige Konzertsaison beginnt, kommt der Newsletter dazu überpünktlich und auf den letzten Drücker zugleich. Er war angehalten, sich wieder mehr auf den merkantilen Bereich seiner Aufgaben zu besinnen, die Finger von aktuellen Debatten zu lassen und nicht in die Kanzel zu steigen - und daran kaut er nun schon eine Woche rum, der Newsletter. Also heute mal ein lifehack:
"Where you at, Officer XY?" fragt in der epischen Serie "The Wire" ein weiser Vorgesetzter junge Polizisten. Er bezieht sich dabei auf geographische Koordinaten, den Polizeialltag in den Straßen von Baltimore und die Überlebensnotwendigkeit, jederzeit den eigenen Standort korrekt bestimmen und mitteilen zu können. Was ich darin aber sofort gehört habe (und garantiert auch die Autoren im Sinn hatten), ist die sehr gute Grundsatzfrage. Der Kompass, den die orientierungslosen Officers überreicht bekommen, um nicht nur Straße, Block, Etage zu wissen, sondern auch die Richtung, in die sie sich bewegen, ist eine gute Metapher - und die eigene Standortbestimmung, der Abgleich der persönlichen mit der umgebenden Wirklichkeit, ist tatsächlich eine nützliche Übung.
Die eigene Verortung im erkannten Kontext kann helfen, sich nicht zu verzetteln, aber auch von schlimmeren Entgleisungen abhalten. Bevor man z.B. (auf der Tastatur oder draußen im Leben) losrennt, rumbrüllt, Leute angreift und etwa im Namen der "Ehre" (was sonst) dritter Personen (!) vor Publikum die eigene Ehre wegschmeißt - aber auch, wenn man Gefahr läuft, gedanklich von einem Thema ins nächste, aber nicht auf den Punkt zu kommen, empfehle ich den Check: Wo befinde ich mich gerade? Wozu bin ich hier? Mit wem habe ich es zu tun? Was findet hier gerade statt? Was mache ich? (Zusatzfrage: Wem hilft es?) Nicht nur in der philosophischen Dimension, sondern als alltägliche Ordnungshilfe sind diese Fragen entscheidend. Also: Where you at, Songster Krazy? Nun: Im Newsletter.
Und morgen bin ich dann schon auf der Bühne - freue mich unbändig auf ein Wiedersehen mit dem Rock´n Read-Kollegium im Kabarett Klüngelpütz, eine der tapferen kleinen Bühnen und Veranstaltungskonzepte, die sich mit Herzblut, Livestreams, Hygienekonzepten und Papierkram durch die letzten Jahre geboxt und verantwortungsvoll mitdenkend bis in die Miesen dafür gesorgt haben, dass die Show weiter ging und geht ... sie steigt wieder (no Joke!) am 1.4. - und ich bin dabei!
Am 22. April habe ich dann die Ehre, im Comedia Theater an den Release-Feierlichkeiten eines sehr smarten Albums teilzunehmen. Dazu gratulieren kann man der lo-fi-Orgelpunk-Unternehmung Dagmar und der Organismus, die es produziert haben und vorstellen - mitfeiern und aufspielen wird neben mir auch noch Mulitinstrumentalistin und Songschreiberin Anika Auweiler. Es wird rauschend, divers und möglicherweise einer dieser Abende, bei dem dann in 20 Jahren alle dabeigewesen sein wollen... Noch ist es möglich, tatsächlich dabei zu sein - holt euch Karten!
Die genauen geographischen, zeitlichen, organisatorischen Koordinaten weiß der Reklameblock.
Gute Orientierung immer!
herzlich / Krazy
***
betr.: alerta, pacifista! (krazynews 03/22)
Verehrtes Publikum, liebe Gemeinde, hi folks!
Pazifismus, habe ich dieser Tage nervtötend häufig gehört und gelesen, sei unter den Umständen des Krieges, dessen wo und gegen wen, keine legitime Position mehr. Eine Jahrtausende alte Gedankentradition und gelebte, erlittene Praxis der gewaltlosen Subversion, ihre Erkenntnisse und Einflüsse, ihr Beitrag zu Sozialwissenschaften und Recht: Erledigt - weggewischt binnen einer aufgebrachten Woche in social media.
Pazifismus, hieß es da, sei nichts als der moralische Luxus verwöhnter Leute, die in Frieden und Wohlstand lebten und deshalb gar nicht mitreden könnten, wenn es um Krieg gehe. Aber damit nicht genug: Durch ihre Überzeugung, Waffen und Kriegsgerät nicht für ein geeignetes Mittel zur Befriedung zu halten, seien Pazifisten mindestens moralisch verantwortlich für die Opfer des Krieges... Zwischenzeitlich herrschte der Eindruck, Pazifismus sei aktuell problematischer als Kriegspropaganda.
Nun latsche ich selber schon ein halbes Jahrhundert unter der Peace-Fahne. Habe viele Demo-Kilometer und Kundgebungsstunden hinter mir, viel Aufschlussreiches zum Thema erfahren sowie jeden möglichen Unsinn in diesem Zusammenhang schon mehrmals gehört und gesehen - und habe solchermaßen tatsächlich nie einen Krieg beendet oder verhindert. Mache mir generell wenig Illusionen über die globalpolitische Wirkmacht meiner persönlichen Bekenntnisse und Handlungen. Dennoch bin ich überzeugt, das die pazifistische Position politisch die sinnvollste ist, die man zu Krieg haben kann... und werde bei aller Friedfertigkeit nicht hinnehmen, dass Pazifismus anno 2022 bildschirmfüllend in dieser unkorrekten Weise gedisst wird.
Zum einen ist Pazifismus ein Konzept, das nur aufgrund von Kriegen überhaupt existiert - als fundamentale Gegenposition. Er ist also nicht nur legitim, so lange es Kriege gibt, sondern geradewegs dazu da, zu Krieg Stellung zu nehmen. Ferner ist Pazifismus nicht ursächlich das moralische Luxusgut einer nicht vom Krieg berührten Gesellschaft, sondern die Konsequenz, die Überlebende und Gezeichnete des Krieges zogen: "Nie wieder Krieg!" und "die Waffen nieder!" kam und kommt von Menschen, die wissen, wovon sie reden. Um ihre Argumente ernst zu nehmen und einleuchtend zu finden, muss man nicht selbst im Krieg gewesen sein.
Die pazifistische Überzeugung schließlich, dass Waffen Krieg nicht beenden, sondern verlängern, beruht auf einer langfristigen Erfahrung und Informiertheit, die dem Durchschnitt der Öffentlichkeit weit voraus ist. Aus dieser Warte, die auch die Geschehnisse zwischen den großen Events im Blick hat, wird Krieg nicht als singulärer Schock wahrgenommen, sondern als weiterer Ausbruch einer fortwährenden Katastrophe... Für welche es auch von pazifistischer Seite Analysen und Gegenvorschläge gibt - für deren laufenden Betrieb mithin fortwährend unfassbare Summen verschoben werden (oder, wie jüngst noch von unserer Regierung, aus dem Hut gezaubert) - während sich die Bekämpfung der Ursachen von Krieg, die weniger den Profiten dient als den Menschen, im Haushaltsbuch weiter hinten unter "Wohltaten" findet - derweil der Klimawandel global in der Tür steht, bei dessen Bekämpfung uns keine Waffensysteme helfen - und so weiter...
Ja: wozu nur könnte Pazifismus heute noch gebraucht werden? .... Anyone?
alerta, pacifista!
Gitarren statt Knarren & alles Zivile / Krazy
***
betr. anwesend im Januar (krazynews 01/22)
Verehrtes Publikum, liebe Gemeinde, hi folks!
Mit gemessener Verzögerung und allerseits besten Wünschen für die nächste Kalenderrunde melde ich mich anwesend im Januar (ein Monat, der ja traditionell mit großem Tamtam und gesteigerten Erwartungen einsetzt und sich dann gerne weitgehend ereignislos hinzieht - der aber auch, wollen wir ihm zugute halten, eigentlich mitten im Winterschlaf liegt, sich die Nummer 1 im Kalender bestimmt nicht ausgesucht hat und für unsere Neubeginn-Projektionen nun gar nichts kann - aber lassen wir das)...:
Die "22" schreibt sich schon flüssig, die guten Vorsätze kochen langsam auf Alltagsverträglichkeit runter, insgesamt geht ein bisschen das Leben weiter - auch auf der Bühne, was unter allen aktuell notwendigen Umständen nur begrüßt werden kann. Persönlich freue ich mich erstmal sehr auf die anliegenden POLIS- Aufführungen Ende Januar und Mitte Februar (siehe Reklameblock), deren Besuch ich ausdrücklich empfehle, denn: noch ist unklar, ob es eine weitere Staffel geben wird - damit wären es die letzten sicheren Gelegenheiten, das multimediale Spektakel zu sehen: wisst ihr Bescheid!
Eine weitere Empfehlung gilt dem neuen Werk der werten Kollegin Dagmar Schönleber, die die große Bühnenpause dazu genutzt hat, mit dem jungen Kollegen Chriss Hostert die Lo-Fi-Orgelpunk- Formation Dagmar und der Organismus zu gründen und ein robustes, schlaues, poetisches, cooles, insgesamt stilvolles Album namens "aus dem Schatten der Orgel" zu produzieren (Songbeispiel gefällig? Hier --> link ) Ich gratuliere zu der stabilen Scheibe und fühle mich geehrt, beim offiziellen Release im April zum Rahmenprogramm geladen zu sein. Ebenfalls dabei: die multi-instrumentale Kollegin Anika Auweiler. Wir dürfen uns auf einen unterhaltsamen, diversen Abend freuen - der Vorverkauf läuft (siehe Terminvorschau), stellt also ruhig schon mal Karten sicher!
Bis hier oder da & auf Weiteres
Herzlich / Krazy